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Brief von Albert Friedrich Wilhem Causse an seine Schwester Hanna Dorothea Mathilde Causse vom 11. Februar 1854

Halle a/S., 11. Februar 1854

Mein süßes Schwesterchen! 

Alles rings um mich ist stille; ich sitze allein in meinem Stübchen, Weib und Kind sind in Weißenfels; meine Gedanken fliegen zu Dir, mein Schwesterchen und vereinigen sich mit all den Lieben, die Dir morgen ihre Glückwünsche bringen. Hast Du etwa gedacht, ich hätte vergessen, daß morgen der 12. Februar ist, oder vielmehr, was der 12. Februar in der Familie Causse für eine Bedeutung hat? - Ja, da kommst Du schön an, da bist Du im vollständigsten Irrtum, den es nur geben kann; so lange ich lebe vergesse ich das nicht; ich kann mich des Tages, an welchem Du geboren wurdest noch so deutlich erinnern, als wäre es erst im vorigen Jahr geschehen; wenn wir in dem lieben Balster wären, wollte ich Dir die Stelle zeigen wo ich gerade gestanden habe als Tante Julchen uns die Freudenbotschaft mitteilte, daß der Storch uns ein kleines Schwesterchen gebracht habe. Die Jahre sind so schnell vergangen, aus den Kindern sind Leute geworden, vieles hat sich verändert, nur Eines nicht, oder, wenn wenn es sich je verändert hat, so hat es sich nur vervollkommnet, nämlich unsere gegenseitige Liebe zu einander. Du weißt es nicht, aber unsere gute Mutter wird es noch wohl wissen, daß Du Dich als ganz kleines Kind, außer von ihr von Niemand so gern warten ließest, als von mir, und Gott weiß es, wie gerne ich es stets getan habe; ich habe Dich laufen gelehrt; ich habe Dich die ersten Worte sagen gelehrt. Unsere Liebe ist mit den Jahren gewachsen, und wird fest und stark bleiben bis an unser Ende. 

Wenn ich nur so recht wüßte, wie ich denn eigentlich meine Wünsche für Dich in Worte kleiden sollte, damit die Wärme der Worte die Wärme des Gefühls nur einiger Massen nahe käme; aber all mein Sinnen ist vergebens; ich glaube der deutschen Sprache nicht ganz unkundig zu sein, aber alles was mir einfällt klingt mir entweder zu kalt, oder zu gesucht und gedrechselt, und von Beiden bin ich, wie Du weißt, kein großer Freund. Nun denn, mit wenigen Worten sei es gesagt; der Friede Gottes sei mit Dir, sein Segen begleite Dich durch Dein ganzes Leben, sein starker Arm beschütze Dich, wenn Noth oder Gefahren Dir nahen sollten; und hast Du etwa einen Wunsch oder auch nur ein Wünschchen, dessen Erfüllung Dir am Herzen liegt, er möge sich erfüllen. 

Für heute muß ich aufhören; es ist beinahe Mitternacht, seit gestern früh 6 Uhr ist kein Schlaf mehr in meine Augen gekommen, und sie fangen an, mir den Dienst zu versagen. Schlaf wohl, mein Schwesterchen; träume angenehm, man sagt, der Traum in der Nacht vor dem Geburtstag gehe in Erfüllung.
 

d. 12/2.

Wäre ich bei Dir, mein Schwesterchen, mit dem zärtlichsten Bruderkusse hätte ich Dich heute geweckt, der Kuß hätte Dir sagen sollen, wie unendlich lieb ich Dich habe. 

Von uns kann ich Dir nichts Neues erzählen; seit meinem letzten Briefe, zu unserer guten Mama Geburtstage, ist bei uns nichts passiert, was des Erzählens werth wäre. Meine Frau und mein Eugen sind seit 10 Tagen in Weißenfels wo am vorigen Montage unseres alten Großvaters und heute unserer Mama Geburtstag gefeiert wird. Zu des Großvaters Geburstag war ich auch drüben, und habe mich in der Seele gefreut, wie kräftig und rüstig der alte Mann noch ist, trotz seiner 74 Jahre, er beschämt noch manchen Fünfziger. Wir waren sehr vergnügt und haben auch Eurer sehr lebhaft gedacht. Auch unsere Schwester Toni mit ihrem Felix sind noch in Weißenfels. Gesund sind wir alle in diesem Augenblicke, Gott sei Dank, ohne Ausnahme; wenn ich aber an das fortwährende Steigen der Theuerung denke, da will mir schier bange werden. Der Lebensunterhalt, Essen und Trinken, nehmen fast die Hälfte meines ganzen Einkommens fort; der Scheffel Kartoffeln kostet 1? Thl., Korn 3? Thl., Schweinefleisch 6?, Rindfl. 5?, 1 Pfd. Brod 1? Sgr. u.s.w. Früher blieb fast alle Monat etwas, wenn auch nicht viel übrig, jetzt will es sehr oft nicht zulangen. Gott bewahre mich vor Nahrungssorgen, das wäre doch zu schrecklich. 

An alle Lieben in Dramburg, Wusterwitz und wo sie sonst noch wohnen mögen, meine herzlichsten Grüße. Schreibe doch einmal mein Schwesterchen, mich verlangt stündlich Nachricht von Euch zu haben, Du wirst damit unendlich erfreuen 

Deinen Bruder Wilhelm.

 

 

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